The Hellacopters – Das Bilderbuch-Comeback

Mit dem ersten Album seit 2008 melden sich die schwedischen Hellacopters aus der quasi-Versenkung wieder. Die Auflösung wurde annulliert, fast alle Originalmitglieder versammelten sich und nahmen ein Album auf, das Fans der Band und Rockmusik im Allgemeinen Freudentränen in die Augen zaubern dürfte. Weitere interessante Rock-Storys gibt es hier zu lesen.

InterpretThe Hellacopters
AlbumEyes Of Oblivion
Veröffentlichung1. April 2022
GenreHard Rock
LabelNuclear Blast
Tracks10
Bewertung der Redaktion9/10
Spieldauer34 Min

Kick out the Jams!

Die letzte Veröffentlichung der 1994 gegründeten Hellacopters wurde mit gemischten Gefühlen aufgenommen: „Head Off“ war ein Coveralbum, das zwar größtenteils saumäßig gerockt hat, aber auch laut Band das letzte Album werden sollte. Die meisten hätten sich lieber noch ein letztes „richtiges“ Hellacopters-Album gewünscht, die nachgespielten Nummern von Underground-Gruppen wie The Humpers, Dead Moon oder The Turpentines, waren allerdings so unbekannt, dass sie im Copters-Gewand eigentlich nach Originalen klangen. Und dann war es erst einmal still. Sänger und Gitarrist Nicke Andersson hielt sich mit anderen recht erfolgreichen Projekten wie Lucifer beschäftigt, und auch der Rest vergnügte sich anderswo musikalisch. Bis jetzt.

Der Vorbote für die Reunion waren 2017 die Jubiläumsshows bei denen die Originalband doch wieder für ein paar Shows zusammen auf die Band stieg. Trotzdem hat es weitere fünf Jahre gedauert, bis man sich dazu durchgerungen hat, auch dem Studio wieder einen Besuch abzustatten. Das Warten hat sich allerdings gelohnt, denn verdammt, die Band klingt heißer als je zuvor.

Cover "Eyes Of Oblivion"
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Das liegt hauptsächlich daran, dass die Band mittlerweile ihren Sound perfekt abgerundet hat. Was in den Neunzigern noch sehr punkiger Power-Rock war ist mittlerweile gut durchkomponierter 70er Hard Rock mit Soul-Kante und einer Portion verzerrter Rotzigkeit. Zwar scheint auch auf „Eyes Of Oblivion“ die jugendliche Garagen-Energie durch, aber es lässt sich nicht überhören, dass die Band ihren Horizont erweitert hat und reifer geworden ist. Als würden die MC5 zusammen mit Lynyrd Skynyrd versuchen, so zu klingen wie Kiss, die zusammen mit den Ramones nach Judas Priest klingen wollen. Das klingt arg abwegig – erschließt sich dem Hörer aber bereits nach dem ersten Durchlauf.

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Mit Klavier und Reibeisenstimme

Der Opener ‘To Reap A Hurricane’ ist mit seinen züngelnden Zwillingsgitarren ein regelrechter Kickdown ins Album: Kraftvoll, aber nicht zu wild. Die Eingangs erwähnte, nun noch mehr verstärkte Classic Rock-Komponente fällt direkt auf und spätestens beim dritten Track ist sie nicht zu überhören. ‘So Sorry I Could Die’ ist der ruhigste Song des Albums – sowie der mit Abstand beste. Klavier und Klampfe kämpfen um die Riff-Vormacht, während Nicke zusammen mit einem Background-Chor ein dermaßen eingängigen Refrain singt, dass man das Lied direkt noch mal hören muss. In Sachen Gitarrensolo wird auch geliefert: das ausartende Beispiel für gute Saiten-Arbeit gehört mit Sicherheit zu den besten der Band. Eine Rock-Ballade für die Ewigkeit, auf der auch Nickes Gesangsstimme gut zur Geltung kommt. Diese ist über die Jahre um einiges rauer geworden, und ähnelt nun der von W.A.S.P.-Legende Blackie Lawless teilweise auf fast unheimliche Art und Weise.

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Auch ‘Tin Foil Soldier’ ist eine fantastische Retro-Nummer. Dieses Mal aber eher mit britischem Sound: Glam-Ikonen wie Sweet oder Slade standen hier offensichtlich Pate. Für Hellacopters-Traditionalisten gibt es aber auch genug Material. Der Titelsong ‘Eyes Of Oblivion’ oder der Rausschmeißer ‘Try Me Tonight’ sind wieder typische High-Energy-Rocker, die vor allem live gut funktionieren werden.

„Eyes Of Oblivion“ ist ein Paradebeispiel dafür, wie ein gutes Comeback-Album funktioniert. Ein weiterentwickelter Sound, der sich aber immer noch in greifnähe zum Ursprung bewegt. Ein Album, das die Chance hat, sogar noch neue Fans dazuzugewinnen.


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Autor*in

Egal ob bei Konzerten, im Proberaum oder Zuhause vor der Anlage – Musik ist für Simon alles. Da er in seiner Freizeit deshalb sowieso schon alle zutextet, hat er es sich auch noch zum Beruf gemacht.