Definition "Neapolitaner" Musiktheorie verstehen
Definition: Was bedeutet "Neapolitaner"?
Neapolitanischer Sextakkord oder kurz „Neapolitaner“ - Dieser der Musiktheorie entlehnte Terminus ist ein alterierter Akkord bzw. der Subdominantakkord mit kleiner Sexte, der in einer Molltonart steht. Er löst eine dramatische Wirkung aus.
Ausführliche Definition von "Neapolitaner" im bandup-Lexikon
Der Quintton des Subdominantakkords wird durch den tief alterierten Sextton (siehe der zweite Akkord in a-moll: d-f-b anstatt d-f-a) ersetzt. Der Neapolitanischer Sextakkord wurde im Zeitalter des Barock (siehe J. S. Bach, G. F. Händel) und der Wiener Klassik (siehe J. Haydn, W. A. Mozart, L. v. Beethoven, F. Schubert) am häufigsten angewandt. Aber auch schon im Zeitalter der Renaissance und des frühen Barock kam er in unterschiedlicher Ausprägung (siehe Schlusskadenz des Madrigals „Languisco e moro“ von Carlo Gesualdo im Jahre 1595 sowie der herzzerreißende Schluss des Oratoriums „Jephte“ von Carissimi im Jahre 1645) zum Tragen. Aufgrund seiner Wirkung, die als leid- und schmerzvoll empfunden werden kann, fand er im Gregorianischen Gesang einen festen Platz. Die früheste Quelle für die Namensgebung „Neapolitan Sixth“ ist durch das Traktat „Elements of Musical Composition“ des englischen Komponisten und Musikgelehrten William Crotch aus dem Jahr 1812 belegt. Ganz offenbar lässt sich die Namensgebung des Neapolitanischer Sextakkords dadurch begründen, dass er häufig in der mit höchster Dramatik versehenen neapolitanischen Opernmusik des 18. Jahrhunderts, die meist in den Moll-Tonarten erklang, zugegen war. Erwähnenswert ist noch, dass der Neapolitanische Sextakkord ab dem Zeitalter der Romantik auch in den Dur-Tonarten (sn) angewandt wurde. Dazu wurde zusätzlich zu dem tief alterierten Sextton der Subdominante auch noch die Terz tief alteriert. In der späteren Musikgeschichte wird der Klang auch als grundstelliger Dreiklang (siehe Akkord: b-d'-f') verwendet und „verselbstständigter Neapolitaner” genannt.
Der gewollte s.g. Satzfehler: Bei der Weiterführung eines Neapolitanischen Sextakkords (sn) in die Dominante D entsteht (siehe obiges a-moll-Beispiel) ein verminderter Terzschritt (siehe b'-gis') in der Oberstimme und der Querstand (siehe unerwünschte Stimmführung, also b' bei Sopran und h bei Tenor). Beide sind, streng genommen, s.g. Satzfehler, die toleriert werden, weil sie gerade den Reiz der Verbindung (sn-D) ausmachen und ihr eine besondere, individuelle Färbung verleihen. Deshalb wird der Neapolitanische Sextakkord auch als ein hervorstechender Überraschungsklang bei besonderen Höhepunkten eines Musikstücks verwendet, da sich durch ihn die Kadenz von der üblichen (t-s-D-t) abhebt. Sollen die vormals erwähnten s.g. Satzfehler vermieden werden, kann man zwischen den Neapolitanischen Sextakkord und der Dominante zusätzlich den herkömmlichen Subdominantakkord (d-f-a) hinzufügen. Zum Schluss soll hier noch der Neapolitanische Sextakkord im vierstimmigen Satz erwähnt sein: Aufgrund des besonderen Zusammenhangs, bei dem er zumeist in der klassischen Sextakkord-Formation mit darauffolgender Dominante angewandt wird, nimmt man den Basston des Neapolitanischen Sextakkords als Grundton wahr. Deswegen ist es üblich, die Terz dieses Akkords zu verdoppeln. Abgesehen von den bewussten s.g. Satzfehlern wird der Neapolitanische Sextakkord wie eine Subdominante mit stellvertretender Sexte (s6) behandelt.