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Sound optimieren mit begrenztem Budget

Wenn du unsere Tipps zum Proberaum finden noch nicht gelesen hast, gleicht das oftmals einem angenehmen Zufall, wenn man einen findet. Du bekommst einen Tipp von irgendeinem Kumpel oder einer Kumpelin, möglicherweise hängt ein Angebot an einem der berüchtigten schwarzen Bretter, die ja eigentlich kunterbunt sind, oder du hörst im Vorübergehen die gute Portion Krach aus einem Gebäude, in dem du Proberäume vermuten könntest. Mag auch sein, dass die Eltern in ihrer grenzenlosen Uneigennützigkeit eine Adresse in einem möglichst entfernten Gebiet mit Industrial Charme aufgetan haben und sich mit ihrem Einsatz einem Lautstärkeproblem entledigen. Und nun willst du den Proberaum einrichten. Viel Spaß!


Verbannt in seelenlos verlassene Industriegebiete

Du wünscht dir einen Proberaum mit bestmöglicher Verkehrsanbindung, mit Einkaufsmöglichkeiten. Möglichst groß und dabei nahezu kostenlos soll er sein, mit hygienisch sanitärer Einrichtung und am besten noch das Sushi-Restaurant nebenan? Nette Vorstellung, hört sich an wie ein Siebener im Lotto. Von Ausnahmen abgesehen, kannst du das schlichtweg vergessen. Musiker machen Krach, Bands erst recht. Und dann immer diese schrägen Typen, die sich mit ihren merkwürdigen Klamotten und Stylings rebellisch selbst verwirklichen wollen. Die lärmende Spezies wird gerne mal in Industriegebiete verbannt, wo sie nicht so auffällt, weil sie zumindest nach Feierabend keiner hört und sieht.

Den Raum aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten

Der Raum ist ein Raum. Soviel ist mal sicher, wenngleich sich das unverhohlen plump anhört. Wenn du nun den Proberaum einrichten willst, musst du ihn aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten, aus der akustischen und der pragmatischen, auch sollte eine Portion Komfort und Bewegungsfreiheit für die Bandmitglieder nicht fehlen. Das heißt, wir reden zugleich von einem Klangraum und einem Aufenthaltsraum, wo du mit deiner Band vorankommen und kreative Ergebnisse erzielen willst. Sicherlich ist das leichter gesagt, als im Ergebnis umgesetzt. Das Budget ist begrenzt, der Raum ist weder eine Eventlocation noch ein 5-Sterne-Hotel. Du wirst Kompromisse eingehen müssen.

Entrümpeln, reinigen und klatschen

Okay, der Raum ist gefunden, obschon die minimalistische Hütte derzeit noch mit dem Charme einer mit Spinnennetzen betörenden Abstellkammer glänzt, widmest du dich voller Enthusiasmus dem Ziel, ihn in eine Kreativ-Zentrale zu verwandeln. Es hilft nichts. Zunächst muss alles raus, damit du dir einen nackten Überblick verschaffen kannst. Vermutlich hat dich zuvor noch niemand derart ambitioniert Besen, Schaufel und Putzlappen schwingen sehen. Der Musikraum ist entrümpelt und gereinigt? Gut, nun klatsch mal in die Hände. Nein, du sollst dir nicht selbst applaudieren. Du sollst hören, was im leeren Raum nach dem knallenden Klatschgeräusch passiert. In der Regel wird nun ein deutlicher Raumeffekt ertönen. Das Klatschen wird von sämtlichen Flächen vom Boden über die Fenster bis zu den Wänden reflektiert. Exakt das muss weg!

Einfach mal im Tonstudio umsehen

Das Referenzvorbild, wenn du einen Proberaum einrichten willst, ist das Tonstudio. Zugegebenermaßen können die Materialien und Umbauten nach professionellen Vorbild leicht ins Geld gehen. In diversen Aspekten wirst du einen leistbaren Kompromiss finden müssen. Aber die Profis von Akustik, Recording und Producing wissen, wie man einen vernünftig trockenen Sound hinbekommt. Auch wenn man sich manches der Einrichtung schlichtweg nicht leisten kann und außerdem im handelsüblichen Proberaum weitaus weniger Platz zur Verfügung steht, lohnt es sich unbedingt, einmal einen Blick in ein Profi-Studio zu werfen. Frag einfach mal an, ob du dich umsehen kannst. Sicherlich wird man dir gerne einen Einblick hinter die Kulissen ermöglichen und eventuell ein paar nützliche Tipps geben. Immerhin könntest du mit deiner Band der Kunde von morgen sein.

Gleich vorweg: Die Todsünden bei der Einrichtung des Proberaums

  • Schallschluckend isoliert
  • Diffusion vergessen
  • Entflammbar isoliert
  • Feuerlöscher vergessen
  • Schimmelbildend isoliert
  • Luftdicht isoliert
  • Feuerlöscher vergessen
  • Kabelsalat statt Wurstsalat
  • Zu laut aufgedreht
  • Flaschenöffner vergessen

Lieber vorher nachdenken, als alles zehnmal zu machen

Wenn Musiker einen Proberaum einrichten, werden sie automatisch zu Akustikern. Einerseits soll sich die Musik vernünftig anhören, auf der anderen Seite darf nicht allzu viel Schall nach außen dringen, um Nachbarn, Anlieger und Passanten nicht aus den Schuhen zu scheppern. Aber vor der Einrichtungsheldentat, sollten ein paar Informationen gesammelt und Basics bedacht werden:

Akustik ohne Schall kann es nicht geben

Eine Fehlinterpretation ist, dass die Isolierung den Schall schlucken soll. Tatsächlich soll der Schall lediglich nach außen absorbiert werden. Im Raum selbst hingegen sollen Frequenzen, Reflexionen und Raumeffekte gedämmt werden. Wäre das einzige Ziel, den Schall, also die Lautstärke im Raum zu schlucken, könntest du sämtliche Maßnahmen vergessen und stattdessen einfach eine Portion leiser spielen. Bei der Probe möglichst leise zu spielen, ist ohnehin sinnvoll. Schließlich wollen und sollen die Bandmitglieder sich gegenseitig hören und nicht durch eine undefinierbare Soundwolke schweben.

Sind Eierkartons zur Schallisolierung eine gute Alternative?

Entflammbar isoliert: Achtung brandgefährlich!

Interessanterweise werden Eierkartons immer wieder als akustisches Dämmmaterial verwendet; dabei sind sie dafür denkbar ungeeignet. Keine Ahnung, woher der Irrglaube kommt, sie wären das Mittel der Mittel schlechthin. In diversen Akustikforen wird immer wieder die gleiche Leier verbreitet, Eierkartons seien „(…) gut für die Akustik“. Es ist ein Mantra, aber ein Trugschluss. Tatsächlich haben diese Kartons nicht annähernd den schalldämmenden Effekt, der ihnen zugemutet wird.

Die buckeligen Kartons bringen herzlich wenig bis gar nichts, weder schallisolierend nach außen noch akustikoptimierend nach innen. Stattdessen zerstören sie sinnentleert die Optik, belegen Flächen, die du sinnvoller hättest nutzen können, und sind auch noch im wahrsten Sinne des Wortes brandgefährlich. Halt mal ein Feuerzeug an einen Eierkarton und schau dir an, wie rasant die fluffige Pappe in Flammen aufgeht. Nee, mach das lieber nicht. Die Essenz der Eierschale lautet erstens: Vergiss es! Und zweitens, leider ebenfalls oftmals vergessen: Es sollte dringend ein Feuerlöscher greifbar sein.

Feuchtigkeit und Schimmelbildung vermeiden

Zu den preisgünstigen Möglichkeiten die Akustik in den Griff zu bekommen, gehört es Wände und Decke mit Vorhängen und Teppichen abzuhängen, wobei die Teppiche möglichst flauschig sein sollten. Dass man dafür keine Brokat-Vorhänge mit den darin wunderschön verarbeitenden Metallfäden verwendet, sollte im Kontext mit Strom vermutlich klar sein. Sinnvollerweise nutzt du Dachlatten, um die Vorhänge mit ein wenig Abstand von den Wänden zu hängen, andernfalls könnte dahinter leicht der besagte Schimmel entstehen. Die nicht unübliche Problematik bei Proberäumen ist, die oftmals mangelhafte Belüftung.

Während du zu Hause fast täglich lüften und für Durchzug sorgen kannst, wirst du dich mit deiner Band kaum tagtäglich im Proberaum aufhalten. Nicht zu vergessen, dass ja längst jede Menge der eigentlichen Lüftungsschlitze dichtisoliert sind. Da kann also auch nichts Positives passieren. Der Mangel an Gelegenheiten zum Lüften ist der evolutionäre Freund von Schimmelbildung. Also pass immer auf, dass Flächen und Ecken, die dazu neigen, Feuchtigkeit aufzunehmen, immer noch ein paar Zentimeter Platz zum Atmen haben.

Zwischen Schnappatmung und luftdicht isoliert

Sicherlich gibt es Ausnahmen. In der Regel allerdings hat der Proberaum – wenn überhaupt – allenfalls winzige Fenster. Der akustikverliebte und nachbarschaftsfreundliche Proberaum-Innenarchitekt verkleidet die Fenster und klebt die Türschlitze mitsamt Schlüsselloch dicht. Dann freut er sich, dass er sämtliche Luft- und Schallaustrittsschlitze abgedichtet hat. Schon wird ihm mordsübel und schwindelig und er kippt um. Dumm gelaufen. Keine Atemluft mehr vorhanden. Wenn du den Proberaum einrichten willst, darfst du selbstverständlich nicht den Fehler begehen, dir selbst die Luft abzuschneiden. Mit Sauerstoffgerät in der Nase zu proben, macht einen keinen Spaß.

Wohin mit den Kabeln?

Kabelsalat schmeckt nicht so gut wie Wurstsalat

Von Anfang an solltest du mit deiner Band den berüchtigten Kabelsalat unbedingt vermeiden. Letztlich hält man sich auch im Proberaum an die Pflichtaufgabe keinerlei Kabel in Laufwegen zu verlegen oder – falls sich das wirklich nicht vermeiden lässt – die mit Gaffer Tape abzukleben oder mit Gummimatten abzudecken. Soweit irgendwie machbar werden die Kabel hinter den Verstärkern verlegt. Mutet euch lieber etwas längere Kabel zu, als sie quer durch den Raum zu führen.

Murphys Gesetz besagt: Der Moment wird kommen. Er meint den Moment, an dem irgendwer sich in einer Strippe verheddert und ein Instrument umschmeißt oder – viel schlimmer – die kostbaren Getränke vom Tisch fegt. Eine Stagebox ist auch für den aufgeräumten Proberaum eine sinnvolle Ausgabe.

Empfehlung für Stageboxen

Reflexion vermeiden, Diffusion ermöglichen

Im Handel findest du viele Absorber, um die schallreflektierenden Flächen in Reflexionen absorbierende Flächen zu verwandeln. Optimal dafür geeignet ist Noppenschaumstoff, auch Molton ist ein dafür geeignetes und beliebtes Material. Allerdings herrscht in der Akustiker-Szene die Meinung und oftmals auch die berechtigte Überzeugung, dass die absolute Vermeidung von reflektierenden Flächen das Gegenteil von gutem und transparentem Sound bewirkt. Das dabei entstehende Resultat ist, dass sämtliche Frequenzen einheitlich unterdrückt werden. Den Instrumenten wird die ihnen eigene Präsenz genommen.

Empfehlung für Akustikschaumstoff

Um solche akustischen Missverständnisse gar nicht erst aufkommen zu lassen, wird statt der absoluten Reflexionsunterbindung zugleich auf Diffusion der Frequenzen gesetzt. Dafür nutzt man unterschiedlich große Diffusoren, ebenfalls gedämmte Quader, die in gewissen Abständen an den Wänden verteilt werden. Das mag ein wenig futuristisch nach Fred vom Jupiter aussehen, aber der Sound wird zunehmend transparenter.

Empfehlung für Diffusor


Möblierter Wohlfühlfaktor ist zugleich Akustikoptimierung

Dabei kannst du im Sinne der Band auch auf preisgünstigere und zugleich bequeme Lösungen setzen, wenn du den Proberaum einrichten möchtest. Denn exakt diese Kombifunktion von gedämmter Reflexion und optimierter Diffusion können auch normale Einrichtungsgegenstände bewirken, so beispielsweise das bequeme Sofa, die verkleidete Kommode und mehr. Bloß nicht übertreiben, sonst wird der Raum wieder zu vollgestopft. Und das Diffusionssofa sollst du natürlich nicht an die Wand hängen.

Finale Maßnahmen für die funktionierende Probe

Im handelsüblichen Proberaum ist es eine wahre Kunst, bei der Bandprobe zu einem alle Beteiligten zufriedenstellenden Klang- und Sound-Ergebnis zu kommen. Gerade dann, wenn dein Budget verständlicherweise begrenzt ist. Mit DIY-Tipps und unterschiedlichen Materialien von nächstgelegenen Baumarkt hast du Hand angelegt, aber es klingt noch immer zu schrill, zu nebelwolkenartig und untereinander schlichtweg nicht identifizierbar. Weiterhin pfeifen die Mikrofone und du bist mit deinem Latein langsam am Ende angelangt. Okay, dann kommen die finalen Maßnahmen, mit denen du den Kompromiss zu einem passenden Schuh machst:

Aufteilung der Instrumente checken und variieren

Gemeinsam habt ihr euch überlegt, wer von der wilden Truppe wo platziert werden soll. Mag ja sein, dass sich manche besser oder schlechter aufs Fell gucken können, aber für solche Animositäten haben wir jetzt gerademal keine Zeit. Nachdem der Raum nunmehr DIY-mäßig ein neues Gewand erhalten hat, sind viele Maßnahmen umgesetzt, dennoch können wir aufgrund des sparsamen Budgets noch keine professionellen Wunder erwarten. Dieser vorletzte Kraftakt mag aufwendig erscheinen, kann aber das kompromissbereite Klangbild im Proberaum deutlich verbessern: Tauscht mitsamt Equipment die Plätze wie bei der Reise nach Jerusalem. Probiere es mit deiner Band einfach mal aus. Es könnte die zielführende Lösung sein.

Lautstärke runter drehen

Und spätestens jetzt wird’s schmerzhaft. Nicht umsonst haben wir uns diesen Punkt bis zum Schluss aufbewahrt. Wenn du den Proberaum einrichten willst, ist das ein Unterfangen mit vielen Facetten. Aber halte dir und deiner Band vor Augen, dass ihr allesamt akustischer Teil der Einrichtung seid. Wenn die Amps zu laut aufgedreht werden, der Drummer reinhaut, bis die Felle jaulen und die Sänger sich nicht mehr hören können, stimmt etwas nicht. Der Proberaum ist der falsche Ort, um in Brachiallautstärke zu spielen. Um zu einem hörbaren Ergebnis zu kommen, muss die Gesamtlautstärke runter. Ihr könntet auch mit Kopfhörern oder In-Ear-Systemen proben. Die gehen zwar ins Geld, aber eure Musik wird transparent hörbar. Und die Nachbarn freuen sich vermutlich ein Loch ins Knie.


Fazit

Die Essenz, wenn du einen Proberaum einrichten möchtest, kann nur lauten: Fall erstens nicht auf akustische Mythen herein. Nutze zweitens die Möglichkeiten, die dir auch bei knapper Kasse zur Verfügung stehen. Vergiss dabei nicht, dass der Proberaum immer nur so gut klingen kann, wie ihr Musiker eure Künste aus den Instrumenten zaubert. Erwartet vom Raum und von euch selbst keine Wunder. Seid euch des Kompromisses bewusst und versucht, das möglichst Beste daraus zu machen. Wunder gibt es nun mal nicht zum Nulltarif.

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