Definition "Countertenor" Musiktheorie verstehen

Definition: Was bedeutet "Countertenor" ?
Countertenor – Dieser aus der Musiktheorie stammende Terminus ist dem englischen Sprachgebrauch entlehnt und bedeutet das Folgende, siehe hier: Gegenstimme, auch kontern oder dagegenhalten. In der Musikgeschichte existieren verschiedene Bezeichnungen und Begriffe für diese Stimmlage, wie etwa Kontratenor, Gegen-Tenor oder Altus, die jeweils unterschiedliche historische und funktionale Bedeutungen haben. Deswegen ist dieser Begriff auch als Kontra-, Contra- oder Kontertenor bekannt.
Gemeint ist im eigentlichen Sinne ein männlicher Sänger, der in Alt- und Sopranlage den Hauptgesangspart umspielt. Die Differenzierung zu anderen Stimmfächern wie Bariton, Mezzosopran oder Gegen-Tenor ist wichtig, da der Countertenor als Mann mit einer besonders hohen Stimme eine spezielle Lage innerhalb der Männerstimmen einnimmt. Männer mit dieser Fähigkeit haben in der Musikgeschichte eine bedeutende Rolle gespielt, da sie mit ihren Stimmen oft Partien übernahmen, die ursprünglich für Kastraten wie Farinelli & Co vorgesehen waren. Die Entwicklung vom historischen Kastraten zum modernen Kontratenor zeigt die Vielfalt und Anpassungsfähigkeit der männlichen Stimmen. Die spezifische Lage des Countertenors liegt meist im Alt- oder Mezzosopranbereich, wodurch sich diese Stimmen deutlich von Bariton oder Tenor unterscheiden und eine besondere Klangfarbe bieten.
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Ausführliche Definition: Countertenor Sänger
Eine derartige Männerstimme übertrifft die Tenorlage. Aufgrund dieser extremen Höhe wird der ausführende Sänger auch als Altus (siehe: lat. hoch) bezeichnet. So jemand ist imstande, sowohl in der Stimmlage des Alts als auch des Soprans zu singen. Dafür muss er sich eine spezielle Gesangstechnik zu eigen machen. Das Kopfregister wird durch den ganz bewussten Einsatz der Resonanzräume, die sich im Brustbereich befinden, verstärkt. Hierbei spielen die Anteile von Brust- und Kopfresonanz eine entscheidende Rolle für die Klangbildung, da die Mischung aus Brust und Kopf die charakteristische Klangfarbe des Countertenors prägt. Um auf Anhieb den perfekten Registerausgleich zu bewirken, achtet der Sänger darauf, dass sowohl innere Einstellung als auch Tongebung mit gemischter Stimme (siehe: Voix mixte) übereinstimmen. Die Kopfstimme ist dabei besonders wichtig, da sie dem Countertenor ermöglicht, in verschiedenen Lagen und mit unterschiedlichen Tönen zu singen und so seine stimmliche Flexibilität zu zeigen. Durch eine die Tonstärke (siehe: Dynamik) variierende Methode gelingt es ihm, unbeschwert und ohne Unterbrechung in das Falsettregister hinüberzugleiten. Dabei bewahrt er einen gleichbleibend stabilen Ton. Scheinbar mühelos gelingt ihm der Übergang (siehe: ital. Passaggio) in die Höhe.
Wann der Countertenor in das Falsettregister übergeht, ist unterschiedlich. Es richtet sich nach der individuellen Veranlagung und dem jeweiligen Musikstil der Epoche, aus der das Gesangsstück stammt. Außerdem ist es eine Frage des eigenen Ermessens und der persönlichen Vorliebe. Bei der professionellen Falsettstimme, bekannt als „Bühnenfalsett“, kommt es zu einem kompletten Verschluss der Stimmbänder. Es ist eine hohe Amplitudenschwingung nachweisbar, die zu einem lautstarken, obertonreichen Klangergebnis führt. Das Volumen und der besondere Klang des Countertenors sind entscheidend für seine stimmliche Präsenz und Ausdruckskraft. Der Brite Alfred G. Deller zählt zu den bekanntesten Countertenören seinerzeit. Seine Karriere startete er als Knabensopran in einem Chor. Später entwickelte er sich zum Altus. Mit viel Geschick und Übungsfreude gelang es ihm immer besser, Tenorpartien in das Altregister zu übertragen. Auch bei besonderen Ausgaben von Wettbewerben wie dem Eurovision Song Contest treten Countertenöre regelmäßig auf und zeigen ihr Können.
Ursprünglich nahm der Contratenor den Gegenpart zur Hauptstimme (siehe: Cantus firmus) ein. Das trug sich seit Ende des 14. Jahrhunderts während der Epoche des Mittelalters und der Renaissance zu. Die daraus hervorgegangene Kompositionsweise ist als „Ars nova“ bekannt. Sie löste die „Ars antiqua“ ab und ging als „Wiege der mehrstimmigen Vokalmusik“ in die Geschichte ein. Der zweistimmige Gesang, der sich aus der Stimme des Tenors und der in entgegengesetzter Richtung verlaufenden zusammensetzte, bildete dafür das Grundgerüst mit darin enthaltenem Kontrapunkt. Außerdem werden Countertenöre als Interpreten entsprechender Partien der Alten Musik im Rahmen der jeweils dafür vorgesehenen historischen Aufführungspraxis engagiert. Wenn in diesem Zusammenhang Partien von Kastraten übernommen werden, soll das lediglich ein Versuch sein, sich der herkömmlichen musikalischen Tradition anzunähern. Aber auch in Partien der Neuen Musik gelangen Countertenöre zum Einsatz. Einige davon sollen nachfolgend namentlich erwähnt sein: Die Partie des Oberon aus der Oper „Ein Sommernachtstraum“ und die des Apollo aus der Oper „Tod in Venedig“ von Benjamin Britten sowie die des Fürsten Gogo aus der Oper „Le Grand Macabre“ von György Ligeti und die des Akhnaten aus der gleichnamigen Oper von Philip Glass. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts wich der Sologesang des Countertenors. Dafür wurde ihm in den englischen Kathedralchören ein hoher Stellenwert zugesprochen.
Ursprung, Geschichte und Anwendung
Seit Beginn ihrer Entstehungsgeschichte im Zeitalter des Barock wird zwischen einer natürlichen Gesangsstimme**(siehe: ital. voce naturale) und einer künstlichen Gesangsstimme (siehe: ital. voce artificiale) unterschieden.** Das Singen im Falsett wurde aus stimmphysiologischen, gesangstechnischen und ästhetischen Gründen als „künstlich“ bezeichnet. Der Name „Falsett“ geht auf den Begriff „falso“ (siehe: ital. falsch) zurück. „Falsetto“ ist die Verkleinerungsform und bedeutet nichts anderes als „Die kleine, falsche Stimme“. Der Countertenor ist keinesfalls mit einer Kastratenstimme zu vergleichen, da es Kontroversen hinsichtlich der Physiologie, des Stimmklangs, des Volumens und des Stimmumfangs gibt. Auch ist er nicht mit der außerordentlich hohen Tenorstimme des Barockzeitalters zu vergleichen, die als „Haute-Contre“ einen Bekanntheitsgrad erlangte, weil dabei das Falsettregister nicht zur Anwendung gelangte. Ende des 20. Jahrhunderts hielt der Countertenor Einzug in das moderne Showgeschäft. Das fand vor allem durch Klaus Nomi statt, der aus der klassischen Musikszene in das Unterhaltungsmusikgenre wechselte. Moderne Countertenöre wie JJ Pietsch verbinden klassische Stile mit zeitgenössischen Elementen und integrieren dabei gezielt Beats, um eine innovative Klanglandschaft zu schaffen. Auch innerhalb der Rock- Pop Musikszene kommen gelegentlich Countertenöre zum Einsatz, ohne explizit als solche benannt zu sein.
Im Rahmen internationaler Musikwettbewerbe wie dem Eurovision Song Contest (ESC) werden Countertenöre zunehmend als innovative Künstler wahrgenommen. Die Suche nach Talenten für den ESC erfolgt europaweit, wobei Beiträge meist eine Länge von etwa 3 Min oder 4 Min haben. Der Wettbewerb bietet eine Plattform für musikalische Vielfalt und kulturellen Austausch. Der Sieg von JJ als Österreicher beim ESC 2025 war ein bedeutender Meilenstein für Österreich und wurde in ganz Europa gefeiert. Dieser Erfolg unterstreicht die internationale Resonanz und die Bedeutung des ESC als Wettbewerb für Künstler aus unterschiedlichen musikalischen Traditionen.
Bekannte Countertenöre
Bedeutende Vertreter und ihre Rolle in der Musikgeschichte
Countertenöre haben die Musiklandschaft Europas und darüber hinaus nachhaltig geprägt. Ihre außergewöhnliche Stimmlage, die zwischen Alt und Sopran angesiedelt ist, verleiht ihnen eine besondere Stellung unter den Männerstimmen. Im Laufe der Geschichte haben zahlreiche Sänger mit ihrer individuellen Stimme und Technik das Stimmfach Countertenor zu einer echten Sensation gemacht – sowohl in der Alten Musik als auch in der Pop- und Opernszene der Gegenwart.
- Zu den Pionieren zählt Alfred Deller, dessen unverwechselbare Falsettstimme das Publikum begeisterte und das Countertenor-Fach im 20. Jahrhundert wieder ins Rampenlicht rückte. Deller war ein Meister darin, die Klangfarben der Alten Musik neu zu interpretieren und wurde so zum Vorbild für viele nachfolgende Countertenöre.
- Ein weiteres Ausnahmetalent war Klaus Nomi, der als deutscher Countertenor mit seiner androgynen Erscheinung und seinem einzigartigen Klangbild die Grenzen zwischen Pop, Oper und Performance-Kunst sprengte. Mit Songs wie „Total Eclipse“ wurde er zur Kultfigur und brachte die Countertenor-Stimme in die Popkultur.
- Auch in der Barockmusik haben Countertenöre wie René Jacobs, Dominique Visse und Andreas Scholl Maßstäbe gesetzt. René Jacobs, der nicht nur als Sänger, sondern auch als Dirigent international gefragt ist, hat mit seinen Interpretationen von Barock-Opern und seiner Arbeit an historischen Aufführungspraktiken das Verständnis für dieses Stimmfach vertieft. Dominique Visse begeistert mit seiner Vielseitigkeit und seinem Engagement für die französische Renaissance-Musik.
- Andreas Scholl, bekannt für sein warmes Timbre und seine ausdrucksstarke Interpretation, zählt zu den gefragtesten Countertenören der Gegenwart. Seine Aufnahmen von Barockwerken sind international anerkannt und zeigen die enorme Bandbreite dieses Stimmfachs.
- Max Emanuel Cenčić, ein österreichischer Countertenor, steht für die Verbindung von Tradition und Innovation. Mit seiner brillanten Technik und seinem Engagement für die Wiederentdeckung vergessener Barock-Opern hat er das Fach weiterentwickelt und ist auch als Dirigent aktiv.
- In Frankreich hat Philippe Jaroussky mit seiner klaren, leuchtenden Stimme und seinem feinen Gespür für barocke Klangfarben das Publikum weltweit begeistert. Seine Auftritte und Aufnahmen setzen immer wieder neue Maßstäbe für Countertenöre.
- Die internationale Szene wird zudem bereichert durch Künstler wie Vincenzo Capezzuto, der als italienischer Countertenor und Tänzer die Grenzen zwischen Musik und Bewegung auslotet, sowie Franco Fagioli, dessen beeindruckender Stimmumfang und Virtuosität ihn zu einem der führenden Countertenöre der Gegenwart machen.
- Ein besonders spannender Vertreter der neuen Generation ist Jakub Józef Orliński. Der polnische Countertenor verbindet seine Karriere als Opernsänger mit Breakdance und begeistert mit seiner Bühnenpräsenz und Vielseitigkeit ein junges Publikum. Seine Interpretationen von Barock-Arien sind ebenso gefragt wie seine Auftritte in modernen Formaten.
- Nicht zuletzt hat Johannes „JJ“ Pietsch als österreichischer Countertenor für Furore gesorgt: Mit seinem Song „Wasted Love“ gewann er den Eurovision Song Contest 2025 und brachte damit die Countertenor-Stimme auf die große ESC-Bühne. Sein Erfolg zeigt, wie sehr das Stimmfach auch in der Popmusik und bei internationalen Wettbewerben angekommen ist.
Diese Countertenöre stehen exemplarisch für die Vielfalt, Individualität und Ausdruckskraft dieses besonderen Stimmfachs. Sie beweisen, dass die Countertenor-Stimme nicht nur in der Alten Musik, sondern auch in Pop, Oper und beim Eurovision Song Contest ihren festen Platz hat – und immer wieder aufs Neue das Ohr und Herz des Publikums erobert.
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