Auf der Suche nach dem perfekten Holzbläserklang
Manche hören das Gras wachsen und wollen, dass es noch besser klingt. Andere sind schlichtweg mit der Ansprache und der Bespielbarkeit ihres Saxophons noch nicht zufrieden. Ganz ehrlich, etliche Saxophonisten sind nie zufrieden. Hohe Bedeutung für Klang und Bespielbarkeit hat der S-Bogen, die – meistens – gebogene Verdingung zwischen Korpus und Mundstück. Viel Spaß bei der Suche nach der eierlegenden Wollmilchsau. Und hier kommen für dich ein paar Tipps und Erläuterungen:
Bedeutung des S-Bogens von Unkundigen oftmals unterschätzt
Der S-Bogen scheint für Unkundige ein geradezu unscheinbares Teil des Saxophons und auch anderer Holzblasinstrumente zu sein. Zumindest von größerer Entfernung betrachtet, wirken die anderen Komponenten wie der Korpus oder die Klappenmechanik weitaus bedeutender. Auf Anhieb mag man glauben, er sei eben nur der leicht gebogene Abschluss, der irgendwie sein muss. Ist er nicht, ganz im Gegenteil.
Die ewige Suche, die möglicherweise niemals am Ziel angelangt
Vielmehr muss man verstehen, dass Saxophonisten wie viele andere hochfiligrane Instrumentalisten permanent auf der Suche sind. Niemals endgültig zufrieden mit dem eigenen Klang oder der Ansprache und dem nuancierten Ausdruck des Instrumentes, ergreifen sie jede Chance der Optimierung. Oftmals ist die klangliche Verbesserung kaum real, sondern eher gefühlt oder gar eingebildet. Und manchmal geht der Schuss auch ganz einfach nach hinten los.
Unbedingtes Potenzial zur Klangverbesserung: S-Bogen
Eine der wesentlichen Komponenten des Saxophons, mit dem sich der Klang verbessern lässt, ist tatsächlich der Saxophon-S-Bogen. Und entsprechenden Wert legen Saxophonisten dann auch auf den individuell perfekt passenden S-Bogen. Die unausweichliche Problematik: Dafür, den persönlichen Favoriten zu finden, helfen keine Zahlen, Daten und Fakten. Was helfen kann, ist möglicherweise die handwerkliche Perfektion der Instrumentenbauer, insbesondere derer, die sich auf den S-Bogen-Bau spezialisiert haben. Aber auch das bleibt allenfalls ein hoffnungsvoller Richtwert. In Musikerkreisen kursieren reichlich Tipps, die aber allesamt mit Konjunktiven glänzen.
Es geht um das ganz persönliche Empfinden, um Wohlgefühl
Die einzige realistische und machbare Lösung ist es, Meinungen einzuholen, auszuprobieren und zu hoffen, dass es nicht doch der Ansatz war, der bislang die Intonation, Ansprache und den Klang ausgebremst hat. Tatsache ist nun mal, dass es einerseits um deine höchstpersönliche Klangvorstellung geht. Auf der anderen Seite müsste deine Mund-, Lippen und Rachenpartie als Blaupause bei der Herstellung des S-Bogens gedient haben. Und letztlich ist schlichtweg nicht jeder S-Bogen für jedes Instrument geeignet. Allerdings können Instrumentenbauer den S-Bogen in gewissem Umfang anpassen. Keinesfalls wollen wir bei diesem Thema die Ernsthaftigkeit verlieren. Aber:
Wenn der Instrumentenbauer zum musikalischen Psychiater wird
Man muss sich die Herausforderung des Instrumentenbauers vor Augen halten. Mit dem Auftrag, den S-Bogen auf deine Vorstellungen auszurichten, wird er gewissermaßen zum musikalischen Psychiater. Erst muss er dir die geeigneten Fragen stellen, dann ganz genau hinhören. Und dann muss er deine Wünsche handwerklich umsetzen, die du aufgrund der etwas marginalen Vorstellung selbst nicht konkret artikulieren kannst. Herzlichen Glückwunsch. Und wo wir gerade beim maßgeschneiderten Anpassen des S-Bogens sind: Ganz sicher ist das keine Angelegenheit für geneigte Heimwerker. Lass unbedingt die Finger davon; versuche es gar nicht erst. Für eine solchen Operation am offenen Saxophonherzen benötigt man Spezialwerkzeug.
Vorreiter war Yanagisawa, andere haben nachgezogen
Als erster Hersteller weltweit hat Yanagisawa aus Japan das Potenzial des S-Bogens auf die individuell gewünschten Spiel- und Klangeigenschaften erkannt. Das Unternehmen bietet seit mehr als 20 Jahren Austauschbögen für seine Instrumente an. Längst hat sich dieses Alleinstellungsmerkmal glücklicherweise in musikalische Luft aufgelöst. Die Saxophonhersteller haben hingehört und sich an den Wünschen der Kunden orientiert. Ehrlich gesagt, war der Wunsch auch kaum zu überhören. Inzwischen haben nahezu sämtliche angesagten Marken Austauschbögen im Sortiment.
Die besten S-Bögen
Überblasklappe muss perfekt positioniert sein
Üblicherweise befindet sich am Saxophon-S-Bogen die Überblasklappe. Das Überblasen ist die Technik, mit der außer den tiefen Naturtönen die weiteren – höheren – Naturtöne erreicht werden. Anders ausgedrückt kommt man mit der Nutzung der Überblasklappe in die höheren Register. Das Prinzip ist, dass an der Stelle für die Luftsäule ein zusätzlicher Schwingungsbogen gebildet wird. Den wiederum kannst du natürlich nicht sehen, aber eben hören. Auch die Überblasklappe muss an deinem S-Bogen perfekt zu dir und deinen körperlichen Dimensionen passend positioniert sein.
Der Name S-Bogen ist bei den meisten Saxophonen irreführend
Interessanterweise ist bereits die Bezeichnung S-Bogen nicht wirklich korrekt. Lediglich beim Tenor-Saxophon besitzt der Bogen wirklich eine S-Form; bei den anderen Größen und Modellen wie dem Alt-Saxophon, dem Sopran oder dem Bariton leider nicht. Wie dem auch sei; Fakt bleibt, dass diese Teile aufgrund ihrer Funktion grundsätzlich als S-Bögen bezeichnet werden. Leicht nachvollziehbar, schließlich heißt so mancher Schuh auch Schuh, obschon man aufgrund der akrobatischen Höhe vermutlich nicht mehr darin laufen kann.
Ausprobieren ist leicht dahingesagt: S-Bogen kostet richtig Geld
Mindestens ein Gedanke ist noch wichtig, um die Bedeutung des S-Bogens zusätzlich zu betonen. Ein solcher Bogen ist nicht lediglich ein Verbrauchsteil wie beispielsweise eine gerissene Gitarrenseite, ein abgenutzter Reed oder ein verschlissener Kork. Vielmehr handelt es sich um eine wertige und wichtige Komponente des Instrumentes. Folglich werden auch entsprechende Preise dafür aufgerufen. Die Preisrange beginnt um die 350 Euro, überklettert schnell die Tausend-Euro-Marke und lässt dabei immer noch viel Luft nach oben. Und dabei sind das Mundstück, die Blattschraube, das Rohrblatt und die S-Bogen-Schraube noch nicht mit eingerechnet.
Und Action! Schauen wir uns ein paar S-Bögen an
Reden können wir viel. Besser doch, dir noch ein paar S-Bögen vor Augen zu führen, die zu dir und deinem Instrument passen könnten. Hier ein paar hochwertige Beispiele für separat erhältlich S-Bögen:
S-Bogen für Alt-Saxophon:
- Selmer S-Neck Alto SA80 II GP – vergoldet
- Selmer S-Neck Alto III – Goldlack lackiert
- Forestone Carbon S-Neck for Alto Sax – Carbon S-Bogen
S-Bogen für Tenor-Saxophon:
- Yamaha BSNTV1S Custom S-Neck Tenor – versilbert
- Selmer S-Neck Tenor SA80 II Gold P. – vergoldet
- Forestone Carbon S-Neck for Tenor Sax – Carbon S-Bogen
Dietlev Bartels
12. Juni 2022 at 19:46Hi Viktor,
es gibt bei den S-Bögen meiner Ansicht nach noch einen weiteren Aspekt: Wenn ich das Mundstück (in seiner speziellen inneren Ausformung) auf den S-Bogen schiebe, dann habe ich automatisch einen Absatz (gebildet aus der Wandstärke des S-Bogens und der Korkens). An diesem Absatz wird die Schwingung der Luftsäule gestört. Inwieweit dies sich negativ auswirkt, kann ich nicht sagen, aber rein theoretisch muss es eine Störung geben. Wäre es deshalb nicht gut, den S-Bogen an seinem oberen Ende so dünn wie möglich zum gestalten? Das wäre natürlich eine extrem empfindliche Stelle. Vielleicht aus Titan? Freue mich über Deine Expertenmeinung!
Victor Otte
1. Juli 2022 at 14:44Hey Dietlev,
Danke für deinen Kommentar bzw. deine detaillierte Überlegung. Tatsächlich ist die Verbindung zwischen S-Bogen mitsamt Kork und dem Instrument selbst eine für die Luftsäule neuralgische Stelle. Hier gilt es, den optimalen Mittelweg zwischen Notwendigkeit der Stabilität und Möglichkeit des dünnwandigen Materials zu finden. Exakt das machen die Hersteller ohnehin, wobei auch die klanglichen Eigenschaften des verwendeten Materials eine Rolle spielen. Ebenfalls bedenken musst du dabei, dass die entstehende Verwirbelung innerhalb des Weges der Anblasluft immer auch einkalkuliert wird, außerdem die Schwingfähigkeiten nicht durch das Material unterdrückt werden dürfen. Theoretisch hast du Recht; praktisch sind die Möglichkeiten mit den aktuellen Modellen weitestgehend ausgeschöpft.
Liebe Grüße – Victor