Baritonsaxophon – die tiefe, schnurrende Kanne
Ein musikalischer Exot mit speziellem Charme ist das Baritonsaxophon. Bei diesem Schätzchen handelt es sich um ein Holzblasinstrument der tiefen Lage. Und der Klang hat es unbedingt in sich. Der Klang wird als voll, satt, tief und schnarrend bezeichnet, auf alle Fälle einzigartig und identifizierbar. Hinsichtlich der Dimensionen, des Gewichtes und der spielerischen Herausforderungen nicht zu unterschätzen. Wer den sehr speziellen Sound hören oder spielen durfte, wird mit ziemlicher Sicherheit fasziniert sein. Nehmen wir das Bariton-Sax genauer unter die Lupe. Los gehts!
Über die spezielle Anforderung transponierender Instrumente
Wie seine Familienmitglieder ist auch das Baritonsaxophon ein transponierendes Instrument. Das heißt ganz banal, es klingt anders als notiert. Und zwar gehörig, nämlich – festhalten (!) – satte 21 Halbtöne tiefer als die Note, die auf dem Blatt steht. Somit spricht man von klingenden und notierten Tönen. Nicht schlecht, wenn es einen klingenden Ton gibt, müsste es doch auch nicht klingende Töne geben. Bislang kannten wir nur richtig oder schräg klingende Töne. Wunder über Wunder.
Tatsache ist, wenn du ein notiertes C spielen willst, ertönt ein klingendes Eb. Du spielst im Violinschlüssel, aber es klingt ein Ton im Bassschlüssel. Es wird sogar noch uriger. Wenn du ein klingendes C spielen willst, funktioniert das nur mit einer Tief-A-Klappe. Und die ist nicht auf allen Baritonsaxophonen vorhanden. Okay, das alles weiß man vorher. Entsprechend werden separate Noten benötigt. Kurioses Wortspiel: „benötigte Noten“. Sei’s drum, du weißt so ungefähr, exakt, ganz genau, was gemeint ist.
Ein Bariton-Monstrum, dass auch beherrscht werden will
Tiefe Töne verlangen nach viel Volumen. Daraus resultiert, dass das Bariton aufgrund seiner Größe mit um die 6 kg auch deutlich schwerer als das Sopran-, Alt- oder Tenorsaxophon ist. Zur Wahrheit gehört auch, dass dieses Instrument für Anfänger und insbesondere für Kinder eher nicht geeignet ist. Es ist kein typisches Einsteigerinstrument. Auch ist es etwas schwerer zu erlernen, als die höher klingenden Familienmitglieder. Beim Sax hat man ja auch immer das Bild des stehenden oder sich auf der Bühne emotional vorbeugenden Saxophonisten vor Augen. Versuch das mal mit einem Bariton-Saxophon. Es wird dir schnell die Grenzen deiner Bandscheibe aufzeigen. Das Bariton-Sax ist eher etwas für Ausgewachsene und instrumental Erfahrene.
Erlesene Einsatzmöglichkeiten des Bariton-Sax
Und schon sind wir bei der Frage angelangt, wo und mit wem du welche Musik auf dem Baritonsaxophon spielen kannst. Die Gelegenheiten nämlich sind durchaus eingeschränkter, gewissermaßen erlesener als bei den kleineren Instrumenten. Die hauptsätzlichen Einsatzbereiche sind Big Bands und Saxophonquartette. Dabei ist das Bariton-Sax üblicherweise kein Soloinstrument, stattdessen eher ein mit dem Cello vergleichbares, tragendes Element mit warmem, sattem Wohlklang. In der klassischen und zeitgenössischen Musik wird das Bariton als Zweitinstrument verwendet. Auch profitiert es davon, dass es in der klassischen Kammermusik zunehmend beliebter wird. Sehr gefragt hingegen ist es im Jazz. Wenn du Gelegenheit hast, Aufnahmen von Pepper Adams, Peter Brötzmann oder Leo Parker anzuhören, lass die Chance nicht ungenutzt verstreichen.
Massive und gleichermaßen berechtigte Preis- und Qualitätsunterschiede
Die Preisunterschiede sind immens. Günstige Bariton-Saxophone von Startone liegen preislich bei knapp über 1.300 Euro, bei Thomann knapp unter 1.700 Euro. Die Preisleiter geht mit Instrumenten von Jupiter schnell über die 3.000 Euro-Marke, weiter mit Marken wie Ramone & Cazzani, Yanagisawa, Yamaha, Schagerl und Selmer bis über 10.000 Euro. Andere kaufen sich dafür einen gebrauchten Kleinwagen. Und solche Preise sind unbedingt berechtigt. Erstens aufgrund der Tatsache, dass nahezu alle Bauteile in Handarbeit gefertigt werden. Andererseits aufgrund der verwendeten Materialien und Bauteile.
Saxophon für Fortgeschrittene
Bariton-Saxophon im Vergleich mit anderen Instrumentengruppen
Wollten wir einen Vergleich mit anderen Instrumentengruppen anstellen, könnte man das Bari-Sax mit dem Cello im Streichersatz oder mit der Tuba im Blechbläsersatz vergleichen. Es geht üblicherweise in den Tieftonkeller, obschon auch höhere Töne spielbar sind. Fortgeschrittene sollten zuverlässig einen Tonumfang von zweieinhalb Oktaven aus dem Instrument kitzeln; versierte Sax-Player bringen es durch Überblasen und Overtones auf mehr als vier Oktaven. Das hat schon was. Allerdings werden die hohen Register im Grunde genommen nicht benötigt, allenfalls bei solistischen Passagen. Aber wo – außer im Jazz – kommt das schon vor?
Problematik von zeitgleich spielenden Tieftönern
In vielen Bläserformationen werden Bariton-Saxophone, Bassklarinette und Tuben sogar zugleich eingesetzt. Vor dem Hintergrund des Vereinsgedankens ist das sicherlich nachvollziehbar. Gerade dann, wenn man den Satz in den tiefen Tönen etwas mehr abrunden möchte. In der Praxis entsteht aber ein typisches Problem der Bassfrequenzen. Von Rock- und Popbands kennt man das Problem, dass der E-Bass und die Bass-Drum in den Frequenzen voneinander abgegrenzt werden müssen, zumal Töne mit gleichen Frequenzen sich gegenseitig auslöschen würden.
Übertragen wir diese Faustregel nun auf den Bläsersatz mit Bariton-Saxophon, Tuba und Bassklarinette werden die tieffrequenten Töne schnell verschwimmen, kaum noch definierbar sein, wenn man sie überhaupt noch hört. Wenn die zu spielenden Töne nicht deutlich unterschiedlich sind, wird das Gesamtklangbild schwammig wie die untergehende Titanic. Weitaus sinnvoller ist es, das zum Musikstück am besten passende Instrument einzusetzen. Bands mit zwei Bassisten sind schließlich auch so selten wie Eisbären auf Malle.
Keine Kommentare